Im folgenden Blogbeitrag erläutern wir, wie Arbeitszeitmodelle entwickelt werden können, die den Bedürfnissen älterer Arbeitnehmer*innen gerecht werden. Dabei werfen wir einen Blick auf die Chancen, die der demografische Wandel in diesem Zusammenhang bietet.
A. Giehrl
Der demografische Wandel bringt einige Herausforderungen mit sich, eröffnet aber gleichzeitig auch Chancen für innovative Ansätze zur Gestaltung von Arbeitszeitmodellen. Es stellt sich die Frage, wie Arbeitsbedingungen geschaffen werden können, die es ermöglichen, einerseits die Erfahrung sowie das umfangreiche Wissen älterer Arbeitnehmer*innen optimal zu nutzen und gleichzeitig deren Gesundheit und Arbeitsfähigkeit langfristig zu erhalten.
Individuelle Anpassung der Arbeitszeit
Ein zentraler Aspekt dabei ist, dass sich die Entwicklung passender Arbeitszeitmodelle stark an den Bedürfnissen älterer Arbeitenden orientieren sollte. Bei der Gestaltung von optimierten Zeitmodellen sind unter anderem die Länge und Häufigkeit von Erholungsphasen, die Dauer und Lage der Arbeitszeit, der Beginn und das Ende der (Schicht-)Arbeit, die Flexibilität der sowie die individuelle Kontrolle über die Arbeitszeitgestaltung zu berücksichtigen.
Flexible Gestaltung der Arbeitszeit
Es wird daher nicht empfohlen, die tägliche Arbeitszeit pauschal für alle älteren Arbeitenden zu reduzieren, da Gesundheit und Arbeitsfähigkeit individuell stark variieren können. Stattdessen sollte die Arbeitszeitgestaltung an die spezifischen Bedürfnisse jeder einzelnen Person angepasst werden.
Es ist sinnvoll, den Beschäftigten die Möglichkeit zu geben, ihre Arbeitszeit selbst zu wählen und flexibel zu gestalten.
Ein Mitspracherecht bei der Arbeitszeitgestaltung kann hierbei eine entscheidende Rolle spielen, um sowohl die individuellen Bedürfnisse der Arbeitnehmer*innen als auch andere betriebliche Erfordernisse zu berücksichtigen. Beispielsweise könnte ein älterer Mitarbeitender, der morgendliche Arzttermine oder sonstige Präventivmaßnahmen wahrnehmen muss/möchte, durch flexible Arbeitszeiten die Möglichkeit erhalten, später zu beginnen oder die Arbeitszeit zu unterbrechen und so Beruf und Gesundheit optimal zu vereinbaren.
Regenerationsfördernde Auszeiten
Ältere Arbeitende, die mit einer erhöhten und anspruchsvollen Arbeitslast konfrontiert sind, sollten neben den bereits vorgesehenen Pausen auch zusätzliche, regenerationsfördernde Auszeiten erhalten. Solche Pausen sind entscheidend, um die physische und psychische Gesundheit der Mitarbeitenden zu bewahren und vorzeitige krankheitsbedingte Pensionseintritte zu verhindern. Beispielsweise könnte ein älterer Büroangestellter, der täglich mehrere Stunden am Bildschirm arbeitet, von regelmäßigen kurzen Pausen profitieren, in denen er gezielte Entspannungsübungen für die Augen und den Nacken durchführt oder an die frische Luft geht. Diese Auszeiten tragen dazu bei, die Belastung durch langes Sitzen und die Beanspruchung der Augen zu reduzieren.
Reduktion von Schichtarbeit
Im Bereich der Schichtarbeit wird grundsätzlich empfohlen, diese im höheren Alter auf ein Minimum zu reduzieren oder ganz darauf zu verzichten. Vor allem die Nachtschicht wird als sehr kritisch in Bezug auf Schlafqualität, Müdigkeit, Leistungsfähigkeit und Gesundheit angesehen, sodass empfohlen wird, die Anzahl dieser möglichst zu reduzieren und die Tätigkeiten auf Morgen- und Nachmittagsschichten zu verlegen.1
„Bridge Employment“ – ein sanfter Übergang2
Um unter anderem einen sanften Übergang zwischen dem Berufsleben und einem ganzheitlichen Rückzug aus der Arbeit zu gewährleisten („Bridge Employment“), muss ein maßgeschneiderter Einsatz von altersgerechten Arbeitszeitmodellen gefördert werden. Erfahrene Mitarbeiter könnten nach ihrer regulären Beschäftigung als Berater oder Mentoren in ihrem Unternehmen weiterarbeiten. Dies ermöglicht ihnen, ihr Wissen weiterzugeben und gleichzeitig die Arbeitszeit selbst zu bestimmen und den Stress zu reduzieren. Dies hält nicht nur die Gesundheit und Arbeitsfähigkeit aufrecht, sondern schafft zudem eine arbeitsfreundliche und vielfältige Umgebung innerhalb einer Organisation.
Dieser Text wurde in gekürzter Version im März 2024 gemeinsam mit Christian Seubert, PhD und in Kooperation mit Innos GmbH (https://www.innos.at) in der Zeitung Osttiroler Bote (www.osttirolerbote.at) veröffentlicht.
Quellen:
1Knauth, P., Karl, D., & Gimpel, K. (2013). Development and evaluation of working-time models for the ageing workforce: Lessons learned from the kronos research project. In C. M. Schlick, E. Frieling & J. Wegge (Hrsg.), Age-differentiated work systems (S. 45-64). Springer.
2Zhan, Y., & Wang, M. (2015). Bridge employment: Conceptualizations and new directions for future research. In P. M. Bal, D. Kooij & D. M. Rousseau (Hrsg.), Aging workers and the employee-employer relationship (S. 203-220). Springer.