In diesem Blogbeitrag betrachten wir die Relevanz altersgemischter Teams auf individueller und kollektiver Ebene. Wir diskutieren altersspezifische Stereotypen und Vorurteile und gleichen sie mit Studienergebnissen ab.
Autorin: Valerie Nickel
Beschäftigung älterer Arbeitnehmer*innen – Chancen und Herausforderungen
Die Kombination aus Fachkräftemangel und einer alternden Belegschaft stellt eine bedeutende Herausforderung in zahlreichen Branchen dar. Arbeitskräfte auch im pensionsfähigen Alter im Unternehmen zu halten, hat das Potenzial Erfahrung und Fachwissen zu sichern und Personalengpässen entgegenzuwirken. Erfolgreiches Altern spielt eine zentrale Rolle für ein erfülltes Leben, wobei die berufliche Tätigkeit einen bedeutenden Beitrag leisten kann. Dennoch unterstützt nicht jede Form der Beschäftigung erfolgreiches Altern gleichermaßen. Zusätzlich müssen altersgemischte Arbeitsgruppen spezifischen Anforderungen gerecht werden. Ältere Arbeitnehmer*innen werden oft als weniger lern- und leistungsfähig, teilweise sogar als Belastung, gesehen. Die Frage stellt sich, inwiefern dies der Realität entspricht oder vielmehr auf Vorurteilen basiert.
Inwiefern unterscheiden sich ältere von jüngeren Menschen?
Untersuchungen haben gezeigt, dass jüngere und ältere Menschen in den Aspekten Intelligenz, Emotionen, Motivation und Persönlichkeit im Durchschnitt voneinander abweichen. Kognitive Fähigkeiten bauen altersbedingt ab. Ältere Menschen benötigen möglicherweise länger, um Informationen zu verarbeiten, sie sind dadurch aber jüngeren nicht automatisch unterlegen, da sie dies oft mit ihrem Erfahrungswissen kompensieren können. Eine Stärke von älteren Menschen besteht häufig darin, dass sie ihre eigenen Emotionen besser verarbeiten und Konflikte erfolgreich bewältigen können. Wenn Hindernisse auftreten, neigen ältere Menschen dazu, sich besser anzupassen und alternative Wege zur Zielerreichung zu finden. Die umfassende Lebenserfahrung führt zu einer gereifteren Persönlichkeit, die sich durch eine verbesserte Anpassungsfähigkeit in der Gesellschaft auszeichnet: Ältere Menschen sind tendenziell gewissenhafter und emotional stabiler.
Mit zunehmendem Alter ist ein gewisser Rückgang der körperlichen und geistigen Fähigkeiten unvermeidlich, jedoch wird dieser oft beschleunigt, wenn Menschen ihre Potenziale nicht ausschöpfen können.
Welchen Einfluss haben Stereotype?
Über die gesamte Lebensspanne hinweg zeigt sich, dass die Einstellung gegenüber älteren Menschen negativer ist als die gegenüber jüngeren. Die Stereotypisierung und Diskriminierung von Einzelpersonen oder einer Gruppe von Personen aufgrund ihres Alters wird als „Ageism“ bezeichnet. Über die gesamte Lebensspanne hinweg zeigt sich, dass die Einstellung gegenüber älteren Menschen negativer ist als die gegenüber jüngeren. Ein weitverbreitetes Stereotyp ist, dass ältere Menschen nicht motiviert sind zu lernen, nicht mehr lern- und leistungsfähig sind. Höheres Alter wird häufig mit Attributen wie starr, altmodisch und unterlegen assoziiert. Hierbei ist zu beachten, dass Untersuchungen wie beispielsweise von McCarthy und Kolleg*innen aus dem Jahr 2019 diese Stereotype widerlegen konnten.
Dennoch sind diese Stereotype hartnäckig und hoch einflussreich. Ältere Menschen, die diesen Stereotypen selbst Glauben schenken, zeigen tendenziell weniger Ausdauer bei Aufgaben, eine geringere Lernfähigkeit und einen Rückgang ihrer Lernkompetenz. Wir sehen somit den Effekt einer „selbsterfüllenden Prophezeiung“. Der Begriff „selbsterfüllende Prophezeiung“ wurde von dem amerikanischen Soziologen Robert K. Merton geprägt und beschreibt, wie Vorhersagen oder Erwartungen bestimmte Verhaltensweisen hervorrufen können, die letztlich dazu führen, dass die Vorhersage eintritt.
Die Bedeutung altersspezifischer Stereotype und deren Auswirkungen verdeutlicht eine Studie von Levy und Kolleg*innen (2011): Personen, die negative Vorurteile gegenüber dem Alter hegten, wiesen 38 Jahre später eine um 30% schlechtere Gedächtnisleistung auf als Personen mit weniger Vorurteilen.
Altersdiskriminierende Einstellungen am Arbeitsplatz sind von großer Bedeutung, da sie die Urteile und Handlungen von Entscheidungsträger*innen in Unternehmen beeinflussen können und somit erhebliche Nachteile für alle Beteiligten bedeuten können.
Fazit
Die Berücksichtigung der Stärken und Bedürfnisse älterer Arbeitnehmer*innen sowie die Einräumung eines Mitspracherechts bei der Gestaltung ihrer Arbeit ist von entscheidender Bedeutung für Unternehmen, die das Potenzial ihrer Belegschaft voll ausschöpfen wollen, sowie für die Gesellschaft insgesamt, um die Teilhabe und das Wohlbefinden älterer Menschen zu fördern. Dabei sollten individuell angepasste Anforderungen, ausreichende, altersgerechte Ressourcen (wie z.B. ergonomische Arbeitsplätze, flexible Arbeitszeiten und altersgerechte Technologien) sowie motivierende Arbeitsinhalte und motivierende Arbeitsinhalte beachtet werden. Zahlreiche Studien belegen den positiven Einfluss solcher „guter“ Arbeitsbedingungen sowohl auf die geistige Fitness als auch auf die Arbeitsleistung. Altersgemischte Teams haben sich im Allgemeinen als äußerst produktiv erwiesen, da sie es allen Mitgliedern ermöglichen, ihre individuellen Talente optimal einzubringen.
Dieser Text wurde in gekürzter Version im Februar 2024 gemeinsam mit Christian Seubert, PhD und in Kooperation mit Innos GmbH (https://www.innos.at) in der Zeitung Osttiroler Bote (www.osttirolerbote.at) veröffentlicht.
Quellen:
Levy, B.R., Zonderman, A.B., Slade, M.D., & Ferrucci, L. (2011). Memory shaped by age stereotypes over time. The Journals of Gerontology, Series B: Psychological Sciences and Social Sciences, 67(4), 1403.21–04936/g, edroin:1b0/g.1b0r9132/0geronb/gbr120. Advance Access published on November 4, 2011
McCarthy, J., Heraty, N., & Bamberg, A. (2019). Lifespan perspectives on age-related stereotypes, prejudice, and discrimination at work (and beyond). In S. K. Parker, & J. L. Paterson (Hrsg.), Work across the lifespan (S. 375-394). Elsevier. https://doi.org/10.1016/B978-0-12-812756-8.00017-7