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Interview zum Thema Authentische Führung und Erschöpfung

Interview mit Lucas Maunz, MSc, Doktorand und wissenschaftlicher Assistent an der Universität Innsbruck im Fachbereich Angewandte Psychologie, über seinen Forschungsbeitrag „Authentic leaders, energized employees? Indirect beneficial and adverse effects of authentic leadership on intrinsic motivation and exhaustion“, den er zusammen mit Prof. Dr. Jürgen Glaser (Univeristät Innsbruck) & Sascha Thal, MSc (Curtin University, Perth / Australien) verfasst hat.

Lucas Maunz | Doktorand, wissenschaftlicher Assistent an der Universität Innsbruck im Fachbereich Angewandte Psychologie & wissenschaftlicher Kooperationspartner der Humane Arbeit GmbH


Humane Arbeit GmbH:
Herr Maunz, in Ihrer aktuellen Studie geht es um authentische Führung und Erschöpfung, welches als wesentlicher Indikator für Burnout gilt. Was ist damit genau gemeint?

Lucas Maunz: Burnout ist ein psychologisches Konzept, das mittlerweile wissenschaftlich und auch kulturell populär geworden ist und ein gesellschaftliches Problem darstellt. Es gibt sehr hohe Prävalenzen und vieles deutet darauf hin, dass diese seit der Corona-Pandemie in vielen Branchen und Ländern gestiegen ist. Nach einer aktuellen Definition von Burnout besteht es aus chronischer Erschöpfung, psychischer Distanz und kognitiver und emotionaler Beeinträchtigung. Nach aktuellem Forschungsstand gilt die Erschöpfung, die wir in unserer Studie erhoben haben, als zentraler Indikator für das Burnoutrisiko. Jeder Mensch erfährt zwar tägliche Erschöpfung, aber die meisten Menschen können sich davon erholen. Typischerweise ist es ein auf und ab. Nach einer Erschöpfungsphase folgt eine der Erholung. Wird dieser Erschöpfungs- und Erholungsmechanismus eingeschränkt, dann kann eine chronifizierte Erschöpfung oder auch klinisch relevantes Burnout entstehen. Und je höher die Erschöpfung ist, desto schwieriger ist es, sich davon zu erholen.

Unsere Studie untersuchte, ob ein authentischer Führungsstil dabei helfen könnte, die Erschöpfung im Arbeitsalltag zu reduzieren. In der Führungsforschung forscht man oft über verschiedene Arten, wie sich Führungskräfte verhalten sollten. Die Führungsforschung ist mittlerweile an dem Punkt angelangt, an dem viel zu positiver Führung, zu der auch authentische Führung gehört, geforscht wird. Hierbei wird der Fokus nicht nur auf Leistungsziele, sondern auch auf das Wohlbefinden und die Verbundenheit zwischen Führungskraft und Mitarbeiter*in gelegt. Authentische Führung ist einer der aktuelleren Führungsstile, der solche positiven Konsequenzen hervorrufen soll.

Authentische Führung beschreibt Führungskräfte, die sich über Stärken und Schwächen bewusst sind, die offen und transparent in ihren Beziehungen sind, die einer moralischen Perspektive folgen und die Informationen ausgewogen abwägen.


Humane Arbeit GmbH:
Was sind die Schlüsselerkenntnisse aus Ihrer Studie?

Lucas Maunz: Wir haben einen Prozess angenommen, der beschreibt, dass Führungskräfte die psychologischen Bedürfnisse der Mitarbeiter*innen befriedigen. Das sind die Bedürfnisse nach Verbundenheit, Autonomie und Kompetenz. Diese Befriedigung soll nachgelagert die intrinsische Motivation der Mitarbeiter*innen und ihre verfügbare Energie steigern. Diese Annahmen konnten wir bestätigen. Zusätzlich konnten wir zeigen, dass sowohl ein konsistenter authentischer Führungsstil als auch ein Anstieg an authentischer Führung in Interaktionen zwischen Führungskraft und Mitarbeiter*in diese positiven Effekte hervorruft. Es zeigten sich zwar stärkere Effekte, wenn authentische Führung über einen längeren Zeitraum konsistent praktiziert wurde, es zeigten sich aber auch bereits Effekte, wenn authentische Führung mehr als üblich praktiziert wurde.

Teil der Studie war es zudem, herauszufinden, ob authentische Führung auch negative Effekte haben kann. Dies hat sich zum Teil gezeigt. Es gab Leute, die betont haben, dass eine Führungskraft, die einfach alles sagt, was ihr in den Sinn kommt, als erschöpfend wahrgenommen wird. Dies war insbesondere der Fall, wenn feindselige Äußerungen gefallen sind und Rollenerwartungen verletzt wurden. Die Literatur ist sich aktuell uneinig, inwieweit ein solches Verhalten authentisch ist. Ein großer Kernpunkt von authentischer Führung ist die moralische Komponente, die angibt, dass eine Führungskraft einen ausgewogenen moralischen Kompass folgt. So gesehen wäre es gar nicht authentisch, wenn die Person einfach sagt, was ihr in den Sinn kommt, ohne darauf zu achten, wie sich die andere Person dabei fühlt. Wir fanden also Zeichen dafür, dass authentische Führungskräfte unter Umständen auch Erschöpfung auslösen können, insbesondere wenn man nicht allen Anweisungen des authentischen Führungsstils folgt.

Humane Arbeit GmbH: Was bedeuten diese Erkenntnisse für die Etablierung und den Erhalt einer humanen Arbeit? Wie können Sie in der Praxis genutzt werden?

Lucas Maunz: Unsere Ergebnisse zeigen, dass man authentische Führung recht einfach adaptieren und anwenden kann, weil sie bereits positive Effekte zeigt, wenn man sie mehr als üblich anwendet. Das ist eine gute Take-Home-Message: Es ist keine große Hürde, damit anzufangen. Und bezogen auf den Erhalt von humaner Arbeit zeigen unsere Daten, dass es einen noch stärkeren Effekt hat, wenn langfristig authentisch geführt wird. Dies kann sich dann in höherer Motivation oder geringerer Erschöpfung der eigenen Mitarbeiter*innen zeigen.

Zudem haben wir uns in der Studie mit sehr humanen Aspekten befasst, wie zum Beispiel der intrinsischen Motivation. Intrinsische Motivation beschreibt ja, dass man Tätigkeiten aufgrund von Freude und Interesse ausführt. Dies ist eine sehr humane Auffassung davon, was Arbeit leisten kann. Es geht eben nicht einfach darum, dass die Arbeit erledigt werden muss, sondern darüber hinaus Freude und Wohlbefinden fördern soll.

Humane Arbeit GmbH: Vielen Dank für das sehr interessante Interview!

 

Die Studie:

Maunz, L. A., Thal, S., & Glaser, J. (2024). Authentic leaders, energized employees? Indirect beneficial and adverse effects of authentic leadership on intrinsic motivation and exhaustion. Applied Psychology: An International Review. https://doi.org/10.1111/apps.12546

 

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